Bildkritik

Es hängt also von der Perspektive ab, wie und was wir sehen. Der Perspektivewechsel bringt ein anderes Bild desselben Sachverhalts. Wie im obigen Bild. Plötzlich sind zwei Pavillons zu sehen. Sie sind vom Baukörper her identisch, von der Ausgestaltung her jedoch nicht und in ihrer Funktion ebenfalls nicht (Zeitschriftenstand und Imbissstand). Wir sehen schräg auf die Rückseite des Imbissstandes und die Vorderseite des Zeitschriftenstandes. Auf dem Mittelstück der Rückseite des Imbissstandes nun erkennen wir dasselbe „Bild“ , das wir in der vorherigen Abbildung bereits gesehen haben - dannzumal sehr wahrscheinlich jedoch nicht als Bild, sondern als abgebildete Realität. Warum sind wir dem Trugbild aufgesessen? Weil wir eine Fotografie mit einer in derselben Blickachse und selbem Horizont montierten Fotografie gesehen haben (erstes Bild) und dieses dann mit der zweiten erst haben „durchschauen“ können. Das wäre uns in der Realität vor Ort nicht passiert . Dort sind dreidimensionaler Raum und zweidimensionale Abbildung sofort unterscheidbar. Wir müssen und sollten Bilder also „hinerfragen“, um zu erkennen, aus welcher wörtlich und im übertragenen Sinne Perspektive wir vom Bild ins Bild gesetzt werden. Und genau das tut die Bildkritik.
Bildkritik ist also ein Verfahren, um aus der Art und Weise, wie Bilder uns ins Bild setzen, die „Aussage“ (den Gehalt, den Sinn) des Bildes zu verstehen oder kritisch hinterfragen zu können. Seit Platon ist Bild- und Medienkritik ein Thema. Und dabei geht es weniger um die Bildästhetik als um die Bildepisteme. Bildkritik ist also Erkenntniskritik. Und der muss sich auch das Bildungswesen stellen.
  • Der nationale Forschungsschwerpunkt unter der Leitung von Prof. Gottfried Boehm,„Eikones“, nennt sich in diesem Sinne „NFS Bildkritik“. www.eikones.ch